Pflegefreistellung und Pflegekarenz in Ö
Für die Pflege von Kindern und Angehörigen gibt es in Österreich verschiedene Modelle, die umgangssprachlich unter „Pflegeurlaub“ bekannt sind. Die korrekten Begriffe sind jedoch Pflegefreistellung und Pflegekarenz. Wir erklären Ihnen die verschiedenen Möglichkeiten, wann und wie lange Sie jeweils Anspruch haben und was Sie beachten müssen.
Die Dauer der Freistellung und die Entlohnung können je nach den Umständen variieren. Ein Vollzeitjob und die Pflege eines Angehörigen lassen sich nur schwer vereinbaren. Damit sich Arbeitnehmer Zeit für die kurz- oder längerfristige Pflege eines Kindes oder nahen Verwandten nehmen können, können Sie in Österreich die Pflegefreistellung, die Pflegekarenz oder die Pflegeteilzeit in Anspruch nehmen. Wir haben uns angesehen, wie sich diese Modelle voneinander unterscheiden.
Pflegeurlaub, Pflegefreistellung, Pflegekarenz: Was ist der Unterschied?
Der Volksmund spricht bei der Pflegefreistellung und Pflegekarenz von „Pflegeurlaub“. Das Gesetz kennt allerdings keinen Pflegeurlaub. Hier ist nur von Pflegekarenz, Pflegefreistellung oder Pflegeteilzeit die Rede. Der Begriff „Pflegeurlaub“ ist etwas irreführend, denn weder bei der Pflegekarenz noch bei der Pflegefreistellung handelt es sich um Urlaub im eigentlichen Sinne. Vielmehr handelt sich um eine Dienstverhinderung aus wichtigen persönlichen Gründen.
Modell 1: Pflegefreistellung
Pflegefreistellung können Sie dann in Anspruch nehmen, wenn Sie die Pflege eines erkrankten Angehörigen kurzfristig übernehmen müssen. Seit 2024 ist der Personenkreis, der als naher Angehöriger gilt, erweitert: es zählen Kinder, Ehepartner oder eingetragene Partner, (Groß-)Eltern, (Ur-)Enkel, aber auch Pflegekinder und Adoptivkinder. Für sie alle kann auch dann Pflegefreistellung in Anspruch genommen werden, wenn sie nicht mit Ihnen im gemeinsamen Haushalt leben. Als nahe Angehörige gelten außerdem leibliche Kinder von Ehegatten und Lebenspartnern, Geschwister, Freunde und Mitbewohner. Mit all diesen Personen müssen Sie allerdings in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn Sie für sie eine Pflegefreistellung bekommen wollen. Für Kinder vom Ehepartner oder Lebenspartner haben Sie zudem nur dann Anspruch auf Pflegefreistellung, wenn die eigentlich zuständige Person aufgrund von Krankheit, Gefängnis- oder Krankenhausaufenthalt oder Tod ausfällt.
Das Gehalt wird während der Zeit der Pflegefreistellung ganz normal weiterbezahlt und der Urlaubsanspruch reduziert sich nicht. Anders als beim Urlaub kann eine Pflegefreistellung aber sofort nach Beginn des Arbeitsverhältnisses in Anspruch genommen werden. Es reicht, Ihren Arbeitgeber mündlich oder schriftlich darüber zu informieren. Freigestellt werden können Sie stunden- oder tageweise, insgesamt aber nur für eine Woche pro Arbeitsjahr, genauer gesagt, im Ausmaß Ihrer wöchentlichen Arbeitszeit. Arbeiten Sie also z. B. 20 Stunden pro Woche, haben Sie Anspruch auf 20 Stunden Pflegefreistellung pro Jahr. Diese Dauer verlängert sich auch dann nicht, wenn Sie zum Beispiel zwei oder mehrere Angehörige haben, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten krank werden. Eine zweite Woche bezahlte Pflegefreistellung können Sie ausnahmsweise bekommen, wenn eine Woche bereits verbraucht ist und es sich um die notwendige Pflege eines Kindes unter 12 Jahren handelt, das neuerlich erkrankt ist.
Modell 2: Pflegekarenz
Die Pflegekarenz ist eine berufliche Auszeit zwischen ein und drei Monaten und muss mit dem Arbeitgeber schriftlich vereinbart werden. Informieren Sie Ihren Arbeitgeber so früh wie möglich, wenn Sie in Pflegekarenz gehen möchten! Voraussetzung ist, dass Sie seit mindestens drei Monaten im Unternehmen beschäftigt sind. In Anspruch nehmen können Sie die Pflegekarenz einmal pro Angehörigen, und zwar für eine Person ab Pflegestufe 3, ein minderjähriges Kind ab Pflegestufe 1 oder eine Person mit Demenz. Der Angehörige muss mit Ihnen nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben, damit Sie die Pflegekarenz in Anspruch nehmen können. Während der Pflegekarenz bekommen Sie kein Gehalt vom Arbeitgeber, Sie können aber Pflegekarenzgeld beziehen, das Sie beim Sozialministeriumsservice beantragen müssen. Dieses entspricht der Höhe des Arbeitslosengeldes, also 55 Prozent des täglichen Nettoeinkommens. Kranken- und Pensionsversicherung laufen während der Pflegekarenz weiter.
Modell 3: Pflegeteilzeit
Mit der Pflegeteilzeit können Sie Ihre Stunden reduzieren, um mehr Zeit für die Pflege Ihres Angehörigen zu haben. Voraussetzung ist, dass Sie mehr als zehn Wochenstunden arbeiten und die Pflegeteilzeit mit Ihrem Arbeitgeber schriftlich vereinbaren. Konkret müssen die Dauer (ein bis drei Monate) und die Zahl der Arbeitstage festgelegt werden und vereinbart werden, an welchen Wochentagen Sie wie viele Stunden arbeiten. Mustervereinbarungen finden Sie hier. Was die sonstigen Voraussetzungen, die Dauer und die Beantragung betrifft, gelten für die Pflegeteilzeit dieselben Regeln wie für die Pflegekarenz. Unterschiede gibt’s jedoch in finanzieller Hinsicht: Bei der Pflegeteilzeit erhalten Sie Ihr Gehalt aliquot. Beantragen Sie für die Pflegeteilzeit Pflegekarenzgeld, bekommen Sie dieses ebenfalls aliquot ausbezahlt.
Kann mein Arbeitgeber den Pflegeurlaub ablehnen?
Nicht, wenn Sie in einem Betrieb mit mehr als fünf Arbeitnehmern arbeiten. Dann haben Sie einen Rechtsanspruch auf bis zu vier Wochen Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit. Zunächst stehen Ihnen zwei Wochen zu. Während dieser Zeit können Sie eine Verlängerung mit Ihrem Arbeitgeber vereinbaren – bis zu maximal 3 Monate. Kommt es zu keiner Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, haben Sie trotzdem Anspruch auf Pflegekarenz bzw. Pflegeteilzeit für bis zu weitere 2 Wochen, also insgesamt 4 Wochen.
Auch eine kurzfristige Pflegefreistellung kann Ihr Arbeitgeber nicht ablehnen. Wichtig ist, dass Sie Ihren Arbeitgeber sofort darüber informieren, wenn Sie eine Pflegefreistellung in Anspruch nehmen werden. Ihr Arbeitgeber darf daraufhin ein ärztliches Attest über die Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen verlangen. Für die Kosten muss er in diesem Fall selbst aufkommen. Legen Sie unaufgefordert ein Attest vor, müssen Sie die Kosten selbst tragen. Die Krankenversicherungen übernehmen die Kosten zumeist nicht.
Kann mich mein Arbeitgeber im Pflegeurlaub kündigen?
Grundsätzlich ja. Sie haben keinen besonderen Kündigungsschutz während der Pflegefreistellung, Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit, allerdings besteht ein Motivkündigungsschutz. Das heißt, Sie können die Kündigung bekämpfen, sollten Sie von Ihrem Arbeitgeber gekündigt werden, weil Sie ihn über Ihre Pläne informiert haben oder bereits eine Pflegefreistellung oder -karenz in Anspruch genommen haben. Sie haben dabei zwei Möglichkeiten: Entweder fechten Sie die Kündigung beim Arbeits- und Sozialgericht an oder Sie akzeptieren sie, fordern aber Schadenersatzansprüche. Wichtig: Seit einer Neuregelung im Arbeitsrecht können Sie vom Arbeitgeber eine schriftliche Begründung für die Kündigung verlangen!
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